Geleitwort

 

 

Von Prof. Dr. h. c. Werner Schmidt
ehemaliger Präsident der Sächsischen Akademie der Künste
Pirna im Juni 2001

In meinem Elternhaus in Pirna-Copitz hatte ein kleines Gemälde einen Ehrenplatz, das Brustbild meines Vaters in der Rolle des schwedischen Obristen Österling aus der Aufführung des Schauspiels „Der Retter“ 1936 und 1939. Mein Vater hatte es nach einer Photographie kopiert, meine Mutter mit Goldleiste rahmen lassen. Offenbar war mein Vater stolz darauf, bei dem Heimatspiel gemeinsam mit seinen Lehrerkollegen und vielen anderen Pirnaern mitgewirkt zu haben.

Die Aufführung auf dem historischen Marktplatz mit den ehrwürdigen Bauten als authentischer Kulisse ist mir unvergesslich. Sie prägten meine Vorstellung von Geschichte. Erst heute wird mir in der Rückschau bewusst, dass dieses Schauspiel, das mitten in der nationalsozialistischen Herrschaft seine Uraufführung erlebte, frei ist im Ungeist jener Zeit, frei von der Ideologie des Nationalsozialismus und des Militarismus. Vielmehr erinnert es an die Schrecken des Krieges, an Plünderung, Raub, Hunger, Elend und Gewalt, vor allem aber an die Rettung der Stadt vor drohender Vernichtung. Das Stück ist ein Hohes Lied auf mutigen Einsatz eines Bürgers für seine Stadt und zugleich auf die kluge Hilfe eines Offiziers der feindlichen Armee, der gegen den Befehl seines kriegswütigen Marschalls aus eigener Gewissensentscheidung handelt. Die militärischen Leistungen der sächsischen Truppen bei der Verteidigung der Festung Sonnenstein werden nur beiläufig geschildert. Erst nach der entscheidenden Rettungstat des Apothekers Jacobäer und nach dem Abzug der Schweden erscheint Obristleutnant von Liebenau mit seinen Blauröcken.

Es ist aufschlussreich, dass dieses Volksstück nach dem Zweiten Weltkrieg erstmals wieder 1955 und dann noch einmal 1958 aufgeführt wurde, nachdem der Aufstand des 17. Juni 1953 das Selbstbewusstsein der Bevölkerung gestärkt hatte. Danach verschwand „Der Retter“ mehr als vier Jahrzehnte lang. Ich danke bewegten Herzens all denen, die jetzt ihre Kräfte eingesetzt haben, um diese künstlerische Würdigung des Bürgermutes aus der Geschichte Pirnas neuen Generationen nahezubringen und damit auch deren Verbundenheit mit ihrer Heimatstadt zu stärken.