Tom Viehweger
Der Zufall brachte ihn zur Retter-Bühne
Von Katarina Lange
Üben, üben und nochmals üben. So sah monatelang
die Freizeit von Tom Viehweger aus. Für den 20-jährigen Pirnaer
gab es vor der Premiere des Volksstückes Der Retter viele
Proben.
Doch Tom Viehweger ist schon jetzt aufgeregt. Ich kann nur hoffen, dass
meine Stimme nicht versagt. Der Student ist nämlich noch nie vor
so vielen Menschen aufgetreten, die sich das Theaterstück dann höchstwahrscheinlich
ansehen werden. Für einen Rückzug ist es aber schon zu spät.
Deshalb heißt es jetzt Augen zu und durch! Auf den Brettern, die die
Welt bedeuten, schlüpft Tom in die Rolle eines robusten schwedischen
Wachtmeisters. Die Zuschauer werden dabei ins Jahr 1639 zurückversetzt.
In der Zeit des Dreißigjährigen Krieges wurde Pirna von den Schweden
belagert. Die Nordlichter wollten die Stadt damals sogar niederbrennen. Durch
die Hilfe des Apothekers Theophilus Jacobäer konnte Pirna vor den Flammen
gerettet werden.
Als schwedischer Wachtmeister habe ich aber nur eine mittelschwere Rolle
übernommen, erzählt Tom Viehweger. Um das Textpauken kommt
er dabei aber nicht herum. Musikalisch muss der Pirnaer auch etwas auf dem
Kasten haben. Mit den drei anderen Wachtmeistern stimme ich nämlich
auf der Bühne viele Marschlieder an, sagt der junge Mann. In nachgebildeten
Kostümen zeigt sich der Laiendarsteller im Rampenlicht, dann von seiner
Schokoladenseite. Ich trage eine schwedische Uniform mit passendem Hut
und einem glänzenden Schwert, beschreibt Tom stolz. Die vielen
Kostüme werden für das Stück entweder ausgeliehen oder sogar
selbst geschneidert. Die gelernte Schneiderin Evelyn Rämisch hat sich
schon manche Nacht um die Ohren geschlagen, denn im Juni musste möglichst
alles perfekt sein. Ein bisschen Bühnenluft hat Tom Viehweger schon in
der Kirche schnuppern dürfen. Seit etwa sechs Jahren stellt er dort regelmäßig
zum Krippenspiel sein schauspielerisches Talent unter Beweis. Im vergangenen
Jahr trat er zum Beispiel als Joseph in der Marienkirche auf. Zu der Wachtmeister-Rolle
kam der 20-Jährige nur durch Zufall. Ich habe voriges Jahr als
Zivildienstleistender in einer Förderschule gearbeitet, erklärt
Tom. Dort fragte ihn ein Kollege, ob er nicht Lust hätte, diese Rolle
zu übernehmen. Nach einer Art Casting bekam ich dann die Zusage
für die deftige Rolle als Wachtmeister.
Bis zum Stadtfest übten alle 94 Laiendarsteller kräftig. Jeden Dienstag
und Donnerstag trafen sie sich grüppchenweise im Lichthof der Pirnaer
Stadtbibliothek. Dort probten wir dann nach den jeweiligen Bildern,
beschreibt der Student die Prozedur. Um bei den meisten Proben dabei sein
zu können, hat Tom seinen Stundenplan an der Dresdner Fachhochschule
extra noch einmal umgebaut. Wenn ich in meiner Rolle glänzen will,
muss ich eben an anderer Stelle zurückstecken, hat er kurzerhand
entschieden.